Fährt man vom belgischen Turnhout aus in
Richtung Norden, so gelangt man nach wenigen
Kilometern an die holländische Grenze. Diese sieht
so aus wie jede andere europäische Grenze,
ist also im Wesentlichen nur noch durch das
Nationalitätenschild erkennbar.
Doch hinter der Grenze passiert Merkwürdiges:
Bald stehen an der linken Straßenseite
Häuser, begleitet von einem belgischen
Straßenschild. Dann folgt ein gelbes
belgisches Gemarkungsgrenzschild und
schließlich gleich zwei Ortsschilder
untereinander: Ein blaues holländisches und ein
weißes belgisches.
Wir befinden uns in Baarle, der merkwürdigsten
geographischen Kuriosität Europas. Es gibt zwar
in Europa Dutzende von Beispielen, wo eine Grenze
quer oder längs zur Straße mitten in
bewohntem Gebiet geht. Es gibt sogar einige
Enklaven eines Staates innerhalb eines anderen. Aber
Baarle ist die "Perfektionierung" dieser Prinzipien.
Im Mittelalter gab es eine Auseinandersetzung
zwischen den Herzögen von Brabant und den
Herren von Breda um Baarle, der letztendlich in der
quasi
grundstücksweisen Aufteilung der Stadt
endete, welche die Jahrhunderte überdauerte und
eben dazu führte, daß die Häuser
in Baarle in völlig willkürlicher Weise
mal zu Holland, mal zu
Belgien gehören. Baarle-Hertog
ist damit eine
belgische Enklave innerhalb von Holland, aber es
gibt in dieser Enklave wiederum holländische
Enklaven, die zu Baarle-Nassau gehören.
Erkennbar ist die Zugehörigkeit nur an der
Hausnummer: Die Hausnummern an den belgischen
Häusern tragen links oben eine kleine belgische
Fahne, die holländischen Hausnummern tragen an
der linken und rechten Seite rote und blaue
Streifen, welche die holländischen
Nationalfarben symbolisieren.
Der Kirchplatz gehört noch zu Baarle-Hertog,
die Häuserfront an dessen nördlichem Rand
ist jedoch die Grenze zu Holland. Dort, wo diese
Grenze die Häuserfront verläßt, ist
sie mit einem Metallstreifen markiert, auf der
anderen Straßenseite sind zusätzlich die
Wappen der Regionen aufgetragen:
Der Fotograf steht noch in Belgien, das Auto im
Hintergrund und die Tische des Cafes rechts bereits
in Holland.
Westlich vom Kirchplatz befindet sich eine
Straße, wo die Grenze auf der Straßenmitte
verläft. Die rechte Straßenseite
gehört zu Belgien, die linke zu Holland.
Erkennbar ist dies an den jeweiligen Nationalflaggen
im Hintergrund. Geht man jedoch durch die kleine
Gasse, die vorne rechts neben dem Verbotsschild
zu ahnen ist, befindet man sich wieder in Holland!
Eine Tafel erklärt die Geschichte des Ortes und
- meiner Meinung nach sehr schematisch - den
Grenzverlauf.
Teilweise geht die Grenze auch mitten durch die
Häuser durch! Hier ein Beispiel aus der
Straße östlich vom Kirchplatz, wo die
Grenze mit den Nationalflaggen gekennzeichnet ist.
Der linke Teil des Hauses gehört zu Holland,
der rechte zu Belgien. Da in solchen Fallen die
Lage der Haustür die Nationalität
bestimmt, ist der Bewohner dieses Hauses
Holländer - auch wenn offensichtlich nur
sein Treppenhaus zu Holland gehört und sein
Fernseher und sein Bett wahrscheinlich in Belgien
stehen...
Noch kurioser ist ein Beispiel aus dem Süden
von Baarle. Die südlichste holländische
Enklave innerhalb der belgischen Enklave besteht nur
aus einigen wenigen Häusern - deren
südliche Grenze geht aber mitten durch einen
Getränkeladen, der dann konsequenterweise auch
eine holländische und eine belgische
Telefonnummer hat. Die Grenze ist durch die
aufgemalten Flaggen gekennzeichnet: Diesmal ist
links
Belgien, rechts Holland.
Letzte Aenderung: 01.06.2002, 19:30 Uhr
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