AUSGELOTET
zurück
Ausgelotet- fiktive Briefe
Marlies Eifert / Georg Grimm-Eifert
Wiesenburg
ISBN 3-937101-16-0

Nach einem Erzähl- und Lyrikband unter dem Titel Tunnelfahrten legen die Autoren nun ein zweites gemeinsames Projekt vor. In fiktiven Briefen loten sie Vergangenes, Erlebtes aus, in erster Linie, um Lesern mit ähnlichem Erfahrungshorizont eine Wiederbegegnung unter einem besonderen Blickwinkel möglich zu machen.
Die Briefe richten sich fiktiv an Freunde, alte Bekannte, an die man in der Regel nicht im herkömmlichen Schriftdeutsch schreibt.
Mancher komplexe Sachverhalt wird so durch eine unprätentiöse Sprache gefiltert.
Der Leser kann sich am Unterhaltsamten freuen, aber auch seinen Blick auf Hintergründiges ausrichten.
Neben dem Alltag mit hauseigenem Kater stehen Studien- und Berufserfahrungen oder auch satirische Beobachtungen.
Als Zeitzeugen haben die Autoren versucht, die ein- oder andere Vorstellung über Kriegs- und Nachkriegszeit in einem anderen Licht erscheinen zu lassen.

Die Autoren hoffen, nachhaltige Überlegungen auf den Weg gebracht zu haben.
 
Die sensiblen Zeichnungen von Georg Grimm- Eifert stellen mehr dar als eine Ergänzung oder Auflockerung des Textes.

Mehr Infos: http://home.rhein-zeitung.de/~meifert/
Juni 05


REZENSION

Schon der Titel ist sehr bezeichnend. Schnell wird deutlich: hier schreiben zwei Autoren, deren Leben und Charaktere „ausgelotet“ sind. Die sich in wesentlichen Dingen unterscheiden und sich genau dadurch ergänzen.

„Mir persönlich ist das verschmitzte Schmunzeln, das mein Kollege verursacht, lieber als dröhnendes Lachen“ lese ich in dem ersten fiktiven Brief dieses Buches, den Georg Grimm- Eifert verfaßt hat. Und genau das ist es, was das Werk für mich so besonders macht. Die stillen, leisen Töne, das Zwischen-den-Zeilen-Schwingen, wie die stille zärtliche Liebe, die ausdauerndere Kraft hat, als das heftige Strohfeuer, wie die feine Situationskomik mehr zu erheitern weiß, als die lauten platten Kalauer.
Hier schreiben Zwei, die sich Zeit nehmen -– für sich, ihre Texte, das Leben und die vielen Facetten, die eben jenes ausmachen... und was wichtiger ist, sie nehmen sich Zeit für das Darüber-Nachdenken. Und regen durch ihre Texte auch den Leser dazu an. Zwei Autoren, die den schönen Dingen, wie einem guten Wein, frischgefallenem Schnee und Zwischenmenschlichkeit mehr Wert beimessen, als werbewirksamen  Wortklaubereien.  Die den kleinen Dingen der Lebens, die das Gesamte ergeben, den Platz einräumen, den sie verdienen. Denn es sind eben jene vermeintlich kleinen Dinge, die das Leben oftmals  ausmachen und die es lebenswert machen.
Ob es die Liebe zu Katzen ist (da denke ich erstmals wieder über die ein oder andere Eskapade meines ersten Wald-und Wiesenkaters nach) und deren kleinen Abenteuer, ob es politische Ansichten, aber auch Gedanken über die Frisuren der früheren Jahre sind, die fiktiven Briefe sind aus dem Leben gegriffen, und man hat das Gefühl nicht nur aus dem Leben der Autoren, sondern auch dem eigenen. Die Autoren schaffen sich damit eine Brücke zu der Leserschaft, die sich schnell an Parallelen im eigenen Leben erinnern wird.
AUSGELOTET ist auch ein Stück Zeitgeschehen, vor allem aber ist es von und für Menschen wie DU und ICH geschrieben.
Was mich aber besonders beeindruckte:  Die Themen, die Lebensfragmente darin, sind zeitlos. Es sind die Dinge, die Menschen vor 50 Jahren beschäftigt haben, die aber auch Menschen heute beschäftigen könnten.
Georg Grimm-Eifert plaudert leichtlippig (manche Passagen hatte ich förmlich im Ohr) und mit unterschwelligem Humor. Marlies Eifert tauscht sich imaginär mit ihrer Schwester Anna aus. Man erfährt viel über Familienband, über Überlegungen zum Alltag, zur Kindheit – alles was ein Lebensabschnitt so ausmacht, der einen geprägt hat.
Und bei zwei Sätzen kann ich ein heftiges Nicken kaum unterdrücken:
„Nein-Sagen, und das auch noch zu rechten Zeit, ist alles andere als einfach!“
und zu den „Hitlerreden“: „Dass  diese Stimme einmal eine solche Suggestivkraft besessen haben sollte, konnten wir uns danach nicht vorstellen!“
Diese beiden Sätze ermahnen mich, auch einmal wieder NEIN zu sagen, zu Menschen und Dingen ,die mir nicht guttun... und die hitlersche Suggestivstimmgewalt  und die schwindende Vorstellung, was sie angerichtet hat, erinnert mich daran, mich zu erinnern! Auch wenn meine Generation gottlob zwei Jahrzehnte später das Licht des Lebens erblickt hat.
Auch der „Kummerkasten“, den  Marlies Eifert vortrefflich schildert, kommt mir bekannt vor...wie einiges in diesem kurzweiligen Band.
Eine gesunde Mischung Gestern und Heute, so lautet mein erstes Fazit als ich den Titel zuschlage.

Soviel zu dem Konzept des Buches. Über den Inhalt möchte ich nicht so viel verraten, es nähme zuviel vorweg, man lese es selbst!!!

Kommen wir zu der Aufmachung.
Das Papier ist gefällig, nicht reinweiß –was meine Augen sehr erfreute-, Druck und Bindung sind ebenfalls ordentlich.
Illustriert wurde das Werk von Georg Grimm-Eifert, dessen filigrane oft surrealistische Kunst, eine ganze eigene und besondere Note hat und sehr gut zu den leicht skizzierten Wortgefügen paßt. Auch das Cover mit einer seiner Grafiken ist ansprechend, in Farbe & Gestaltung.
Was mir vom künstlerischen Aspekt her dennoch  ein wenig fehlt, und was das Konzept – den Dualismus dieses Bandes - untermauert hätte, sind die wunderschönen Digitalgrafiken von Marlies Eifert. Ich gestehe freimütig: ich bin eine Liebhaberin ihrer Werke, und ich hätte mir zu den Texten der Autorin auch unbedingt einige ihre Grafiken gewünscht.

Alles in allem ist AUSGELOTET aber eine stimmige Lektüre, einzig der Preis der mit 16,-- Euro erschreckend hoch ist (wie bei fast allen WIESENBURG-Titeln), weiß nicht zu überzeugen. Ich hoffe, dennoch, daß das die Käufer nicht abschreckt und dieses Buch seine LeserInnen findet!!!
Bei Amazon hätte dieser Band von mir fünf Sterne erhalten.