Textbeispiel


Alle Achtung: Schon Band 10! Weiß aber nicht, ob die vorherigen Bände auch alle in Form gebundener Bücher (Paperback) erschienen sind. Aber immerhin: 10 Bände. Die Macher sind sich also sicher, dass ihre Anthologien gelesen werden. Nun, wenn alle so sind wie die vorliegende, dann ist dieser Glaube nicht vergebens.

24 Stories zeigen, was der deutschsprachige SF-"Nachwuchs" so drauf hat. Sie bilden eine Auswahl aus ca. 200 Einsendungen und sie sind recht gut ausgewählt.

Neben eher humoristischen Stories finden sich zumeist für die SF typische Pointengeschichten. Ausnahmen bilden z.B. "Raum-Zeit-Schattierungen" von Antje Ippensen oder Rüdiger Schäfers "Anjelka", die eher poetisch daherkommen.

Meine Favoriten sind "Anahita" von Marlies Eifert (über Zeitreisen als Flucht aus dystopischer Zukunft), "Empfänger" von Robert Kerber, der über einen 7jährigen erzählt, der die besondere Begabung besitzt, Gedanken anderer Menschen zu empfangen. Da er selbst nicht begreift, was er da kann, wird dies auch so erzählt, dass eben nicht alles erklärt wird und das auf ganz großartige Art und Weise ... Und dann wäre da noch J. Th. Thanners "Totengesang" (Tiefseewesen leiden unter dem Forscherdrang der Menschen). Auch der Beitrag von Wilko Müller jr., "Der Y-Faktor", ist nicht übel, ist auf alle Fälle eine seiner besten Stories, aber halt schon wohlbekannt (unbedarfte Hobbyforscher erfinden den bioelektrischen Joghurt, mit einigen ironischen Seitenhieben auf die gängige Vermarktungsstrategien der Konsum-Wirtschaft).

Neben dieser ist mir auch Frank Haubolds hervorragende MSF-space-opera-Dan-Simmons-Hommage "Die Abaddon-Mission" bekannt, die jüngst in einem Autorenband beim EDFC erschien. Keine Ahnung, ob es noch mehr Nachveröffentlichungen gibt, was natürlich den Wert des Buches etwas mindern würde, zumindest für ausgemachte Kenner der Szene. Vielleicht hätte man besser auf unveröffentlichtes Material bestehen sollen? Oder aber es sind keine unveröffentlichten Stories unter den 200 Einsendungen gewesen, die besser waren, was natürlich der deutschsprachigen SF-Szene wiederum ein weniger gutes Zeugnis ausstellen würde.

Noch ein paar Stichpunkte, was der Leser ansonsten zu erwarten hat (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Die Titelgeschichte von Roland Triankowski beginnt als "Klassentreffen" (also es treffen sich zwei ehemalige Klassenkameraden) und endet mit der Geburt einer KI. – Heidrun Jänchen zeigt, wie man als Kleinunternehmer auf einer fremden Welt etwas wagen muss, um Erfolg zu haben. – Dieter Schmitt erzählt von staatlich gesteuerten Verkehrsunfällen – Andrea Tillmanns von virtuellem Familienglück – Bernhard Brunner über das Unverständnis zwischen menschlicher und künstlicher Halb-Intelligenz – Bernhard Schneider wartet mit einer typischen UFO-Story auf und und und ...

Wie man erkennen kann, werden viele bekannte Topoi und Themen der SF aufgegriffen und alle in der Regel interessant und lesenswert umgesetzt. Wie man den lobenswerterweise abgedruckten Autoreninfos entnehmen kann, handelt es sich nur in seltenen Fällen um Schreib-Neulinge; alle haben, meist zwar als Laien, schon beachtliche Publikationserfolge vorzuweisen.


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